Klaus Hoi

Klaus Hoi: Überlegungen zur Fortführung einer Sanierung von Kletterrouten im Gesäuse

In den Kletteranstiegen der verschiedenen Massive gibt es einen unterschiedlichen Absicherungszustand: Alpine Anstiege, naturbelassen mit dem alten Schlaghaken-material aus der Erstbegeherzeit. Teilsanierte Anstiege, an den Standplätzen meist zwei Klebehaken, zusätzlich zu den Standplätzen auch Zwischensicherungen, gebohrt an neuralgischen Positionen und als Richtungshaken im leichten Gelände. Sportkletter-routen aus der jüngeren Zeit, welche von den jeweiligen Erstbegehern selbst nach eigener Einschätzung mit Bohrhaken abgesichert worden sind. Der jeweilige Absiche-rungszustand könnte aktualisiert werden, z.B. in Kletterführern oder auch Internet-foren. Über eine Weiterführung von Sanierungen, bzw. die Verbesserung von teilsanier-ten Routen sollte aber offen gesprochen werden. Nicht alle alten Anstiege im Gesäuse müssen saniert werden. Es gibt durchaus auch die Meinung, klassische Anstiege im Urzustand zu erhalten und unter Schutz zu stellen, um diese „Denkmäler“ auch der nächsten Generation zu erhalten. Um die besonders erhaltungs- und schützenswerten Anstiege zu kennzeichnen, schlage ich die Vergabe eines „Grünpunktes“ vor. Als Beispiel einer schutzwürdigen Route möchte ich die Hochtor-Nordwestwand mit dem Pfannl-weg anführen. Es ist zwar eine gewisse Herausforderung und ein Qualitätsanspruch an die heutigen Kletterer, diesen Anstieg im Urzustand zu begehen. Allerdings ist das mit den modernen und flexiblen Sicherungsmitteln wohl kein Problem.

Hochtor Nord_DxO, Foto Mok
Pfannlweg – der Klassiker: Wandhöhe 870 m, III – IV, 1 Sl. V- (Maischbergerfasseln),        1. Beg. 11.10.1896, Heinrich Pfannl, Thomas Maischberger, Viktor Wessely, Theo Keidel; Als Pfannl und Maischberger um 6:30 Uhr morgens vom Bahnhof Gstatterboden in das Haindlkar aufbrachen, trafen sie auf dem Weg die Seilgefährten Wessely und Keidel, welche sie kurzentschlossen zu ihrem Vorhaben einluden. Um 8:30 Uhr wurde der Wandfuß erreicht. Es ergab sich eine Seilschaftsbildung zwischen Pfannl und Wessely, sowie Maischberger und Keidel. Auf großen Strecken wurde seilfrei geklettert, wobei Maischberger und Keidel teilweise eine andere Wegführung bevorzugten. Um 15 Uhr erreichten sie bei eisigem Südföhn nach 6,5 Std. Kletterzeit den Gipfel. Bemerkenswert ist jedenfalls der souveräne Begehungsstil dieser bedeutenden Gesäusefahrt: das Quartett konnte nicht auf geklebte Standund Zwischenhaken vertrauen, das Seil erwies sich nur als moralische Verbindung. Die Sicherheit lag beim Kletterkönnen und dem Instinkt für die beste Linie, welche vom erfolgreichen Duo Pfannl-Maischberger noch bei einigen anderen Gesäuseklassikern und Alpenanstiegen unter Beweis gestellt worden ist.
Die Hochtor-Nordwand wurde ein sehr begehrtes alpines Ziel, allerdings mit dem Ruf behaftet, gefährlich zu sein und die meisten Todesopfer gefordert zu haben. Auffallend sind die vielen Seilschafts-Abstürze und Steinschlag-Unfälle. Auf Grund des kompro-misslosen Begehungsstils der Erstbegeher wurden keine Haken benützt oder hinterlas-sen, es gab keine eingerichteten Standplätze. Viele der Nachfolger konnten dieses hohe Niveau nicht erbringen, auch Wetterstürze bei langer Kletterzeit und Steinschlag durch andere Seilschaften waren ein Problem. Diese Umstände führten zu einer respektvollen Wertschätzung der gefürchteten Route. Die sichere Begehung ist für eine Seilschaft eine echte Herausforderung, daher zog die Wand besonders Alleingänger an. Alfred Hore-schowsky kletterte 1914, vom Ödstein kommend, im Abstieg durch die Wand.
Sepp Eitzenberger war als Barfußkletterer 94 Mal in der Wand, davon 44 Mal solo. Eine der größten Leistungen des Winterkletterns vollbrachten Fritz Kasparek, Sepp Brunhuber u. Adi Wiegele von 18. – 21. 2. 1941 mit der ersten Winterbeg. (2. Winterbeg.: 28.-31.12.1963, Peter Lavicka u. Hermann Schindler. „Alpinismus“ 1964/5, S. 53). Mit diesem kurzen geschichtlichen Abriss soll die Einzigartigkeit dieser Wand dokumentiert werden. Es wäre wünschenswert, diesen Anstieg als ein alpines Denkmal aus der klassi-schen Erschließungszeit so zu bewahren und unversehrt zu belassen. – Im Zuge der Sanierungswelle wurden auch im Gesäuse sehr viele Kletterwege mit Bohrhaken saniert. Für Interessenten gesicherter Kletterrouten gibt es eine genügend große Aus-wahl, und es kann festgestellt werden, dass ohnehin immer nur diese Wege aufgesucht werden. Für die alpin belassenen Anstiege fehlen heute oft das Können und die Fähig-keit. Um diese hochwertigen alpinen Anstiege so zu bewahren, könnte in der Führer-literatur darauf hingewiesen werden und zur Aufwertung mit einem „Grünpunkt“ aus-gezeichnet werden. Die Einstufung erfolgt durch lokale Bergsteiger, Führerautoren und Vereine, wie etwa dem Alpinen Rettungsdienst Gesäuse. Vielleicht erleben diese Anstie-ge in Zukunft eine Renaissance und vermitteln ein besonderes Abenteuer im Fels-klettern.