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Erstbegehungen Ines Papert & Luka Lindič

„Sturm unter Wolke 7“ Hinteres Feuerhörndl (Reiteralpe)
Dem frischgebackenen Kletterehepaar Ines Papert und Luka Lindič gelang eine schwierige Erstbegehung auf dem markanten Pfeiler mit der überhängenden Wahnsinns-Verschneidung.
„Wegen des instabilen Wetters in diesem Sommer mussten wir zwar unsere Pläne ständig ändern, doch während der routinierten Arbeit am Berg erschien alles wie immer. Zurück in der Stadt sahen wir uns fast täglich neuen Regeln und Vorschriften gegenüber. Doch das alles konnte unsere wachsende Zuneigung füreinander nicht aufhalten und so haben wir in Bad Reichenhall geheiratet, dort wo man die Felsen der Reiteralm deutlich erkennen kann. Damit wurde der Name für unsere neue Route geboren. 
Wir folgten einem einzigartigen Risssystem in bestem Kalk, das sich Seillänge um Seillänge fortsetzte. Es war für uns beide eine Überraschung, welches Potential wir noch vor unserer Haustüre vorfinden, wenn wir genauer hinschauen und weite Zustiege nicht scheuen. Am finalen Tag der Erstbegehung begleitete uns Freund Klaus Fengler und dokumentierte mit seiner Kamera die Eröffnung einer Route, in die wir viel Zeit und Herzblut steckten aber auch einiges an Nerven, um unseren Stil zu wahren. Bald danach begannen wir an der freien Begehung zu arbeiten, während sich das Spiel mit dem schlechten Wetter fortsetzte. Trotz der Nässe schaffte ich es bald, sturzfrei über die Schlüsselstelle zu klettern und auch Ines gab alles. Trotz der große Hitze und dem permanenten Durst, da wir nicht auf einen so langen Tag eingerichtet waren, kletterten wir weiter und mir gelang der freie Durchstieg. Dann kam ein heftiger Sturm auf. Starker Regen, Blitz und Donner zwangen uns während des Abseilens, in einer kleinen Nische mitten in der Wand Schutz zu suchen. Ines konnte ihre Enttäuschung nicht verbergen, doch ich versprach ihr, sie bis zum Durchstieg zu begleiten. Es ist ähnlich wie die globale Corona Virus Situation, die uns zwingt, einen langsameren Rhythmus zu finden und die Erkenntnis wächst, dass das Glück nur ein Produkt unserer Erwartungen ist.“
Alle Infos auf
www.bergsteigen.com
Text: Luka Lindič

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csm_wolke-7-reiteralpe-klettern-199_7af0a928ae csm_wolke-7-reiteralpe-klettern-340_4badbf5675 csm_wolke-7-reiteralpe-klettern-357_59a654b457„Limited in Freedom“, Sagwand-Nordwand, 3227 m
Die deutsche Eiskletter-Weltmeisterin Ines Papert kann alpine Spitzenleistungen, Rekordzeiten, Expeditionen sowie zahlreiche Erstbegehungen und (Eis-)Kletterrouten für sich verbuchen. Hohe Wände und ausgesetzte Gipfel wie die Sagwand ziehen sie magisch an. Doch die geeigneten Verhältnisse für neue Routen herrschen nur sehr selten, aber der Herbst 2020 versprach gute Bedingungen. Nach einer Erkundungstour über den Nordpfeiler (900 m) der Weißspitze im Hochferner Massiv stiegen Ines und Luka am 25. November zur Geraer Hütte auf – mit Blick auf die Sagwand.
„Begeistert von der unglaublichen Ästhetik der Nordwand stellten wir uns sofort die Frage, ob die jungfräuliche zentrale Linie durch den höchsten Teil möglich wäre.
Am Morgen des 26.11., bei moderaten -10 C°, stieg Luka in die ersten Meter der Wand ein. Schnell einigten wir uns auf den Vorstieg von jeweils 2 Seillängen, um dann erst zu wechseln. Das Eis war dünn aber es fanden sich immer wieder feine Risspuren zum Absichern, die aber meist vom Eis befreit werden mussten. Runouts wurden zur Gewohnheit, umso präziser mussten wir am dünnen Eis klettern, um uns keinen Fehler zu leisten. Bald erreichten wir die 2. Stufe, mit einem kleinen Dach und teils abgelöstem Eis die Schlüsselstelle. Beim letzten Tageslicht errichteten wir unser Biwak nur ca. 200 m unter dem Ausstieg. Schnee schmelzen, etwas trinken und essen und durch die lange Nacht schlottern war angesagt.
Ab hier teilt unsere Route drei Seillängen mit dem alpinen Klassiker „Mittelpfeiler“ und der einzigen Spur in der gesamten Wand. Ein rostiger Normalhaken im Mixed Gelände beweist, dass hier schon vor uns Kletterer waren. Nach ein paar Metern im Tiefschnee stiegen wir über den letzten Felsaufschwung aus der Wand und der Sonne entgegen. Wir sind total glücklich mit unserem Ergebnis. Eine weitere Kingline an der Sagwand hat ihre erste Begehung.
Während des unbekannten Abstiegs über ein steiles südseitiges Couloir, fiel uns ein zeitgemäßer Routenname ein. ,Limited in Freedom‘ – als Alpinisten lieben wir die Freiheit, unser Leben und unsere Begehungen absolut uneingeschränkt gestalten zu können. Die momentanen Reiseeinschränkungen um Covid 19 machen es uns nicht einfach. Um das letzte bisschen Freiheit zu finden, braucht es ein wenig Kreativität und Mut. Unsere Alpen bieten genügend Spielraum, in dem noch viele Abenteuer schlummern.“
Quelle: PM Black Diamond, Text & Fotos © Ines Papert/Luka Lindic

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